Zalando führt Circular Design Criteria von circular.fashion für Markenpartner ein

Laura Coppen, Head of Circularity bei Zalando, erklärt, wie die Circular Design Criteria über "Nachhaltigkeit" hinausgehen und jede Phase des Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigen.

22. April 2022
Unternehmen
Portrait of Laura Coppen

 

Der Fortschrittsbericht zu Nachhaltigkeit 2021 zeigt, wie wir in den vergangenen zwei Jahren wichtige Grundlagen für die Kreislaufwirtschaft geschaffen und daran gearbeitet haben. Laura Coppen, Head of Circularity bei Zalando, erklärt die verfeinerten und angepassten Circular Design Criteria des Berliner Unternehmens circular.fashion. Mithilfe dieser Kriterien können zirkuläre Produkte unserer 5.800 Markenpartner standardisiert werden. Unsere 48 Millionen Kund*innen können so leichter Produkte entdecken, die sicherer, langlebiger und besser zu recyceln sind.

Warum ist zirkuläres Design in der Modeindustrie notwendig?

Zirkuläres Design ist notwendig, weil in der Design- und Produktionsphase eines Modeprodukts enorme Umweltauswirkungen entstehen. Alles, von der Materialauswahl bis hin zu den Produktionsprozessen, kann in dieser Phase einen dramatischen Einfluss haben, der sich auf den gesamten Lebenszyklus des Produkts auswirkt - wie es verwendet wird, ob es wiederverwendet wird und ob es recycelt werden kann. Durch die Anwendung der Circular Design Criteria ermöglichen wir es Designern, die Art und Weise, wie sie Produkte entwerfen, zu ändern, und setzen einen klaren Rahmen für Marken, die solche Produkte auf unserer Plattform verkaufen und bewerben wollen.

 

In den vergangenen Jahren hat sich das Wissen darüber, was eine Kreislaufwirtschaft insbesondere der Modeindustrie bringen kann, sehr stark erweitert. Neue Geschäftsmodelle wie der Wiederverkauf und der Verleih von Mode sowie die Recycling-Infrastruktur kommen langsam in Schwung. Der Teil des Puzzles, der bisher weniger in Angriff genommen wurde, ist der Design-Prozess. Um die Herstellung von Produkten grundlegend zu verändern, müssen nicht nur Designer*innen, sondern die gesamte Lieferkette umgeschult werden. Wenn Produkte beispielsweise langlebiger gemacht werden, können sie zirkuläre Geschäftsmodelle besser unterstützen. Das gilt zum Beispiel für den Verleih von Kleidung oder Pre-Owned-Angebote, die darauf angewiesen sind, dass Kleidungsstücke über einen längeren Zeitraum und über mehrere Nutzer*innen hinweg in Takt bleiben. Die Kreislaufwirtschaft lässt sich nicht mit einem einzigen Geschäftsmodell verwirklichen, sondern muss ganzheitlich gedacht werden, und das ist es, was unsere Strategie vorantreibt.

Wie haben Sie mit circular.fashion zusammengearbeitet, um dieses Problem zu lösen?

Wir arbeiten schon seit einigen Jahren mit circular.fashion zusammen. Zuletzt bei der Entwicklung unserer redeZIGN-Kollektionen, bei der über 200 Mitarbeiter*innen, einschließlich unserer Eigenmarken-Designer*innen und Einkäufer*innen, an einer von circular.fashion durchgeführten Schulung teilgenommen haben. Dabei wurden die Circular Design Criteria getestet, um diese skalierbar und für alle Marken verfügbar zu machen. Basierend auf den Circular Design Criteria von circular.fashion haben wir diese an die bestehenden Nachhaltigkeitskriterien von Zalando angepasst, um den Marken einheitliche Anforderungen zu bieten und sicherzustellen, dass sie für alle nutzbar und zugänglich sind (z.B. durch die Konzentration auf die am häufigsten verwendeten Materialien).

Was ist der Unterschied zwischen einem nachhaltigen und einem zirkulären Produkt?

Die Kriterien beruhen auf drei Strategien, die sich an den Richtlinien der Ellen MacArthur Foundation für zirkuläres Design orientieren. Strategie 01 besteht darin, dass Produkte aus sicheren und recycelten und/oder erneuerbaren Rohstoffen hergestellt werden. Strategie 02 sieht vor, dass sie so hergestellt werden, dass sie länger halten, repariert werden können und möglicherweise auch mit digitalen Produktpässen versehen sind, die den Fluss durch zirkuläre Geschäftsmodelle ermöglichen, und Strategie 03, dass die Produkte so hergestellt werden, dass sie tatsächlich recycelt oder zu neuen Materialien verarbeitet werden können, wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Jede dieser Strategien unterteilt sich in eine Reihe spezifischer Kriterien, die erfüllt werden müssen, je nachdem, ob eine MINIMUM- oder eine BESSER-Einstufung erreicht werden soll. Zu diesen Kriterien gehören z. B. bestimmte Zertifikate wie chemische Sicherheit (ZDHC MRSL), Bio-Baumwolle (GOTS), Recycling-Anteil (GRS, RCS); begrenzte Fasermischungen von drei oder weniger Arten; oder eine Darlegung des Recyclers, aus der hervorgeht, ob das Produkt hauptsächlich Post-Consumer- oder Pre-Consumer-Recyclingfasern enthält. Ein nachhaltigeres Produkt (und unsere bestehenden Nachhaltigkeitskriterien) befassen sich in der Regel mit dem ersten Teil des Puzzles - der Gewährleistung, dass Kleidungsstücke aus sicheren, recycelten und erneuerbaren Materialien hergestellt werden. Zirkuläres Design bedeutet eine ganzheitliche Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus, und das ist der Weg, den wir als Industrie einschlagen müssen.

 

Für unsere Kund*innen bedeutet dies, dass sie ein Produkt kaufen können, das aus zertifizierten Materialien hergestellt wurde, dass das Produkt eine technische Haltbarkeit aufweist - also länger hält - und wir hoffen, dass es dadurch einen höheren Wiederverkaufswert hat, weil die Haltbarkeit mehrere Lebenszyklen des Besitzes überdauert. Und schließlich können Kund*innen sicher sein, dass das Produkt wieder in die Herstellung eines neuen Produkts oder Materials einfließt. Das ist von entscheidender Bedeutung, denn die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft bestehen darin, Abfall und Verschmutzung zu vermeiden, Produkte und Materialien (mit ihrem höchsten Wert) in Umlauf zu bringen und natürliche Systeme zu regenerieren.

Werden die Kriterien nur für Zalando und seine Eigenmarken verwendet?

Definitiv nicht. Wir wollen die Kriterien in den nächsten Monaten für unsere Markenpartner einführen, um die positiven Effekte zu vergrößern. Dafür haben wir im letzten Jahr einiges bei unseren Eigenmarken ausprobiert, um ein ganzheitliches Feedback von Marken und Recycling-Unternehmen zu erhalten. Wir haben uns auch mit unserem Public Affairs Team beraten, um uns auf zukünftige Regulierungen vorzubereiten und sicherzustellen, dass unsere Kriterien den Anforderungen entsprechen. Durch all diese Gespräche konnten wir bestimmte Elemente unserer Kriterien optimieren. Wir haben also wirklich einen kollaborativen Industrieansatz gewählt.

 

Wir freuen uns sehr, dass unsere Partnermarken die Kriterien bald ausprobieren können. Viele von ihnen erproben die Kreislaufprinzipien bereits in ihrem Designprozess. In den nächsten Monaten werden wir Marken dabei unterstützen, die Kriterien zu nutzen und die digitale Erfahrung an die neuen Kriterien anzupassen.

Wie stehen diese Kriterien im Einklang mit der EU-Textilstrategie?

Die EU-Strategie für nachhaltige Textilien wurde Ende letzten Monats vorgestellt. Wir begrüßen die Veröffentlichung des Vorschlags für eine Ökodesign-Richtlinie, da sie einen übergreifenden Rahmen für das Ökodesign von Produkten schaffen wird und somit gemeinsame und zuverlässige Leitlinien für Nachhaltigkeitsanforderungen für Modemarken, die in der EU tätig sind. Die Circular Design Criteria stimmen mit dem EU-Vorschlag überein und sind daher ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu branchenweiten ökologischen Nachhaltigkeitsstandards.

 

Wir glauben auch, dass die Digitalisierung von Nachhaltigkeitsinformationen der Schlüssel ist, um Verbraucher*innen zu befähigen, nachhaltiger zu kaufen, und wir würden die Einführung des digitalen Produktpasses für Textilien begrüßen, wie er bereits in unserer redeZIGN-Kollektion eingeführt wurde. Nach unseren Kriterien gehört der digitale Produktpass zu einem Produkt mit der Einstufung “BESSER”. Bei der Einstufung “MINIMUM” sind diese Daten noch optional.

Welche weiteren Entwicklungen können wir in Zukunft erwarten?

Derzeit können Marken die Kriterien auf der Grundlage einer Selbstdeklaration erfüllen, da es noch keine Industriestandards für zirkuläres Design gibt, abgesehen von Cradle-to-Cradle CertifiedTM, das wir bereits als Teil unserer Nachhaltigkeitskriterien akzeptieren. Wir unterstützen circular.fashion bei der Einführung von Tools und Prozessen, um zu überprüfen, welche Kriterien erfüllt werden und welche nicht. Zertifizierungen und Standards gibt es für das erste Prinzip der Materialien und Prozesse, aber noch nicht für Haltbarkeit und Recyclingfähigkeit. Dies ist etwas, woran circular.fashion arbeitet.

 

Darüber hinaus beziehen sich die aktuellen Kriterien auf Bekleidung. Zukünftig wollen wir auch Kriterien für das Produktdesign anderer Artikel, wie etwa Schuhe, entwickeln. Dabei würden wir einen ähnlichen Ansatz verfolgen und die Prinzipien der Ellen McArthur Foundation so übersetzen, dass sie auch für Schuhe relevant sind. Wir sind bereits Teil einiger Arbeitsgruppen in der Branche, darunter Accelerated Circularity, die sich mit der Frage beschäftigt, wie Schuhe sortiert, zerlegt und recycelt werden können.